Wie ein Unternehmer eine persönliche Bürgschaft über einen Restrukturierungsplan reduzieren kann
Die Ausgangslage – wenn die Bürgschaft zur persönlichen Belastung wird
Unser Mandant – ein erfahrener Bauunternehmer – führte über eine Holding mehrere Projektgesellschaften. Zur Finanzierung der Bauvorhaben wurden umfangreiche Kredite aufgenommen. Um diese Kredite zu sichern, übernahm der Unternehmer persönliche Bürgschaften zugunsten der Banken. Als der Immobilienmarkt einbrach und keine neuen Projekte mehr finanziert wurden, drohte die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft. Parallel dazu brachen die Aufträge ein, sodass der Bauunternehmer sich in eine beratende Tätigkeit zurückzog, um den Lebensunterhalt zu sichern. Ohne Eingreifen bestand die Gefahr, dass der Bauunternehmer Privatinsolvenz anmelden musste.
Restrukturierungsverfahren statt Insolvenz – auch für Einzelunternehmer
Anders als vielfach angenommen, ist das StaRUG nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt. Es steht auch Einzelunternehmern und Freiberuflern zur Verfügung, sofern eine drohende Zahlungsunfähigkeit wie bei einer drohenden Inanspruchnahme aus Bürgschaften vorliegt. Ziel des Verfahrens ist es, dass der Schuldner gemeinsam mit seinen Gläubigern einen Restrukturierungsplan erarbeitet, der die Verbindlichkeiten auf ein tragfähiges Niveau reduziert. Der Plan wird nur gegenüber den ausgewählten „planbetroffenen“ Gläubigern wirksam, sodass Lieferanten und andere Vertragspartner unberührt bleiben. Das Verfahren läuft diskret; öffentlich wird es nur, wenn ein grenzüberschreitender Bezug besteht oder eine Veröffentlichung beantragt wird.
Ein wesentliches Merkmal des Restrukturierungsplans ist die Gestaltungsbefugnis hinsichtlich bestehender Forderungen. Nach § 2 Abs. 4 StaRUG kann der Plan auch Rechte von Gläubigern gestalten, die aus einer Bürgschaft, Mitschuldnerschaft oder sonstigen übernommenen Haftung gegen einen verbundenen Unternehmer zustehen. Das Gesetz erlaubt somit, Bürgschaften von Gesellschaftern oder Geschäftsführern zu kürzen. Dieses Instrument war für unseren Mandanten entscheidend: Er konnte seine persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Projektgesellschaften rechtlich wirksam kürzen lassen.
Krisenanalyse und Restrukturierungsmaßnahmen
Der Unternehmer hatte in den Jahren zuvor in einem boomenden Immobilienmarkt expandiert. Die Krise wurde durch mehrere externe Faktoren ausgelöst:
- Eingeschränkte Kreditvergabe und hohe Zinsen: Seit Ausbruch des Ukrainekriegs vergaben Banken kaum noch Baufinanzierungen, während bestehende Darlehen durch steigende Zinsen teurer wurden. Ohne frische Mittel konnten laufende Projekte nicht weitergeführt werden.
- Nachfragerückgang und steigende Baukosten: Investoren und Bauherren verschoben geplante Projekte. Gleichzeitig stiegen die Baukosten aufgrund der Energiekrise rapide an, wodurch rentable Projekte kaum noch umzusetzen waren.
Um das Unternehmen zu stabilisieren, verkaufte er Beteiligungen, trennte sich von wenig rentablen Projekten und verlegte sich auf beratende Tätigkeiten. Diese Maßnahmen verschafften kurzfristige Liquidität, konnten jedoch die hohe Schuldenlast nicht beseitigen. Erst durch die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG wurde eine dauerhafte Lösung möglich.
Mit dem Restrukturierungsplan Bürgschaften kürzen
Im Rahmen des Plans wurden sämtliche planbetroffenen Gläubiger, insbesondere die finanzierenden Banken, gebündelt. Die Banken drohten, ihre Bürgschaftsforderungen fällig zu stellen. Mit Eintritt der Fälligkeit wäre der Bauunternehmen sofort zahlungsunfähig gewese. Deshalb wurde in aller Eile ein Restrukturierungsplan ausgearbeitet und das Verfahren beim Restrukturierungsgericht Bamberg offziell angezeigt. Später stellten die Banken die Bürgschaften fällig. Aber weil wir das Verfahren vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eingeleitet hatten, konnte das Restrukturierungsverfahren trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit fortgeführt werden.
Der Restrukturierungsplan sah vor, die Bürgschafts-Forderungen mit einer einmaligen Quote von 2 % abzugelten. Diese Gestaltung ist zulässig, sofern die Gläubiger angemessen entschädigt werden – im vorliegenden Fall geschah dies durch die Einmalzahlung, die höher war als die erwartete Insolvenzquote. Die Besserstellung gegenüber der Befriedigungsaussichten in einem Insolvenzverfahren reicht aus.
Über den Restrukturierungsplan ließen wir die Gläubiger in einem gerichtlichen Abstimmungstermin abstimmen. Die Gläubiger stimmten dem Plan zu, sodass der Unternehmer 98 % der Bürgschaftsforderungen nicht mehr bedienen musste. Die freigesetzten Mittel konnte er in den Ausbau seiner neuen Beratungsdienstleistungen investieren. Gleichzeitig blieb ihm der Weg in die private Insolvenz erspart, und seine gesellschaftsrechtliche Stellung als anerkannter Bauunternehmer blieb unangetastet.
Fazit – Das Restrukturierungsverfahren ist auch Einzelunternehmer vorteilhaft
Das Fallbeispiel zeigt, dass Restrukturierungsverfahren auch für Einzelunternehmer und selbst haftende Gesellschafter eine effektive Alternative zur Privatinsolvenz bieten. Voraussetzung ist eine frühzeitige und umfassende Analyse der wirtschaftlichen Situation sowie die Bereitschaft, mit den Gläubigern einen tragfähigen Plan zu verhandeln. Außerdem darf die Zahlungsunfähigkeit noch nicht eingetreten sein, was rechtzeitiges Handeln erfordert. Das StaRUG eröffnet die Möglichkeit, persönliche Bürgschaften zu kürzen und die Verbindlichkeiten auf ein wirtschaftlich tragbares Maß zu reduzieren. So können Unternehmer den Fortbestand ihrer beruflichen Tätigkeit sichern und ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig ausrichten, ohne den Makel einer Insolvenz zu tragen.
Ergebnisse der Restrukturierung
- Verbindlichkeiten der planbetroffenen Gläubiger um 98 % gekürzt
- Schuldenabbau mit dem Restrukturierungsplan in Höhe von 3.700.000 €
- Dauer des Restrukturierungsverfahrens 6 Monate
- Keine Verschlechterung der Bonität aufgrund des Restrukturierungsverfahren
- Schuldenverzicht 98%
- Quote des Restrukturierungsplans 2%
- Fortführungswahrscheinlichkeit für die nächsten 3 Jahre 92%
Rechtsanwalt Jörg Franzke Berlin
Anwalt für Insolvenzrecht, Spezialist für:
- Unternehmenssanierung
- Eigenverwaltung, Schutzschirm, Restrukturierung
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