IT-Dienstleister kürzt 90 % Schulden mit Restrukturierungsverfahren

Die Schuldnerin ist ein IT-Dienstleister und verlor über Nacht 95 % ihrer Aufträge. Die Verlustzone überbrückte die Schuldnerin mit Fremdkapital von 1 Mio. €. Weil die Kredittilgung zur Zahlungsunfähigkeit geführt hätte, wurden die Kredite per Restrukturierungsverfahren um 91 % gekürzt. Die Schuldnerin zahlte nur noch eine Quote von 9 % und ist von den Schulden befreit.

Der Fall

Die Schuldnerin ist ein IT-Dienstleister für mittelständische Unternehmen und Kommunen ab 500 Nutzern. Sie übernimmt die Beschaffung, Installation, Integration und Wartung von Hardware in deren IT-Netzwerken sowie die Einrichtung und Wartung von WLAN-Netzwerken. Das Unternehmen hat derzeit 16 Mitarbeiter. Die Schuldnerin hat verschiedenen langfristige Kunden, darunter die Fa. Orderman GmbH aus Salzburg und Dehner-Gruppe. Die Schuldnerin kauft die Bauteile für die von ihr hergestellten Baugruppen bei einschlägigen Großhändlern weltweit ein und leidet unter der Knappheit an bestellbaren Bauteilen. Das Marktsegment für Dienstleister für WLAN Netzwerke und Rollout von IT-Infrastruktur unterliegt einem starken Wettbewerb.

Die Schuldnerin wurde im Jahr 2017 gegründet und war bis 2020 als GbR tätig, bevor sie aufgrund ihres Wachstums und unternehmerischen Erfolgs in eine GmbH & Co KG umgewandelt wurde. Von 2003 bis 2020 arbeitete sie fast ausschließlich für das Bayerische Staatsministerium der Justiz, indem sie IT-Endgeräte bereitstellte. Im Jahr 2020 verlor sie diesen Auftrag aufgrund einer Ausschreibung an einen Konkurrenten und musste daraufhin neue Kunden finden. Die Schuldnerin finanzierte sich bisher fast ausschließlich durch Eigenkapital, aber nach dem Verlust des Hauptauftraggebers musste sie ihr operatives Geschäft mit Fremdkapital von verschiedenen Förderkrediten, inklusive einer Bürgschaft, finanzieren, insgesamt 1 Mio. €.

Die Krisenursache

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schuldnerin wurden durch den Verlust des bayerischen Ministeriums für Justiz als Kunden verursacht. Der Umsatz brach um 95 % ein. Die Schuldnerin akquirierte daraufhin neue Kunden, was ihr auch gelang. Aber aufgrund der Coronapandemie kamen die neuen Aufträge nicht in dem Umfang und Geschwindigkeit, wie dies für die Schuldnerin erforderlich gewesen wäre.

Um den Umsatzeinbruch zu überbrücken, nahm die Schuldnerin Fremdkapital von 1 Mio. € auf. Mithilfe des Fremdkapitals gelang es der Schuldnerin, die Verlustzone zu überbrücken. Sie gewann weitere Kunden hinzu. Ausweislich ihrer Planung wird die Investitionsphase zum Jahresende abgeschlossen sein, danach wird die Schuldnerin nachhaltig Gewinn erwirtschaften. Aber zur Jahresmitte setzt die Tilgung der Förderkredite ein. Die Tilgungsraten würden die Schuldnerin erneut in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen und schließlich endgültig in die Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO treiben.

Die Lösung

Die Schuldnerin hat mit meiner Hilfe als Anwalt für das Restrukturierungsverfahren einen Restrukturierungsplan erstellt, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und die Bestandsfähigkeit wiederherzustellen. Dies beinhaltet die Befreiung von Kreditverbindlichkeiten, die nicht getilgt werden können, sowie die Kürzung der Forderungen von restrukturierungsfähigen Kleingläubigern. Da die Schuldnerin ohne die Kürzungen zahlungsunfähig geworden wäre, war ein Rechtseingriff in die Forderungen der Kreissparkasse Augsburg unerlässlich. Der Restrukturierungsplan sah vor, dass die von der Kreissparkasse Augsburg ausgereichten Kredite mit einer Einmalzahlung von quotal 9 % abgegolten werden und dass Forderungen sonstiger planbetroffener Gläubiger ebenfalls um 91 % gekürzt werden.

Der Abstimmungstermin fand am Amtsgericht München statt. Die Kreissparkasse befürchtete, dass mit diesem Restrukturierungsverfahren ein Präzedenzfall geschaffen wird und wehrte sich gegen die Kürzung ihrer Forderungen in diesem Restrukturierungsverfahren mit allen verfügbaren juristischen Mittel. Im Ergebnis unterlag die Sparkasse aber und das Unternehmen ist um rund 900.000 € Verbindlichkeiten entlastet. Nahezu ohne Schulden ist die Bestandsfähigkeit langfristig wieder hergestellt und die Geschäftsführerin blickt zuversichtlich in die Zukunft. Nachdem das Unternehmen schuldenfrei ist, wird sich ein auf Start-ups spezialisierter Investor einsteigen.

Ergebnisse der Restrukturierung

  • Verbindlichkeiten der planbetroffenen Gläubiger um 91 % gekürzt
  • Förderkredite von 1 Mio. € der Sparkasse / KfW werden mit 90 T€ abgegolten
  • Dauer des Restrukturierungsverfahrens 14 Wochen
  • Restrukturierungsverfahren bleibt für Lieferanten und sonstige Beteiligte geheim
  • Schuldenverzicht 91% 91%
  • Quote des Restrukturierungsplans 9% 9%
  • Fortführungswahrscheinlichkeit für die nächsten 3 Jahre 94% 94%
Gemeinsam mit Herrn Franzke haben wir das allererste StaRUG-Verfahren in Bayern erfolgreich eingereicht und abgewickelt. StaRUG steht für „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“. Hört sich kompliziert an aber gemeinsam mit RA Franzke haben wir einen fantastischen und wasserdichten R-Plan entwickelt, bei Gericht eingereicht und jetzt setzen wir den Plan um. Herr Franzke hat uns in jeder Phase intensiv unterstützt, war immer erreichbar und hatte jederzeit eine enorm effiziente und strategische Vorgehensweise parat. Aufgrund seiner Erfahrung in anderen Bundesländern haben wir als Unternehmen davon profitiert. Herzlichen Dank.
Kommentar der Mandantin

auf Provenexpert.de am 06.06.23

Rechtsanwalt Jörg Franzke ist Anwalt für Insolvenzrecht

Rechtsanwalt Jörg Franzke Berlin
Anwalt für Insolvenzrecht, Spezialist für:

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