Kaum jemand setzt sich  mit dem Thema Insolvenz auseinander, bevor es so weit ist. Eine Reihe irrtümlicher Annahmen und Fehler haben sich mit der Zeit verbreitet, die erst enttarnt und möglicherweise richtig teuer werden, wenn der Insolvenzantrag gestellt ist. Damit es so weit nicht kommt, wird hier mit gängigen Fehlannahmen aufgeräumt. Das sind die größten Fehler rund um die Insolvenz:

Insolvenz Fehler 1: Die GmbH schützt Geschäftsführer und Gesellschafter vor persönlicher Haftung

Das Märchen, dass die GmbH den Geschäftsführer und Gesellschafter bei einem Insolvenzantrag der GmbH vor persönlicher Haftung schützt, hält sich hartnäckig. Die Haftungsbeschränkung der GmbH ist löchrig. Die falsche Einschätzung ist der erste Insolvenz Fehler.

So geht der Gesetzgeber davon aus, dass das GmbH-Vermögen für den Geschäftsführer fremdes Vermögen ist. Er muss es mit großer Sorgfalt verwalten, auch wenn ihm die GmbH selbst gehört. Aus der Treuepflicht für fremdes Vermögen leitet der Gesetzgeber eine Vielzahl von Haftungstatbeständen zulasten des Geschäftsführers ab. Einige Beispiele:

  • Der Geschäftsführer haftet für Steuerrückstände der GmbH und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung.
  • Er haftet ebenfalls für die zu späte Stellung des Insolvenzantrages.
  • Hat die GmbH vor der Insolvenz ein Darlehen bedient, für das der Geschäftsführer persönlich haftet, muss er die im letzten Jahr vor der Antragstellung gezahlten Darlehensraten an die Insolvenzmasse erstatten.

Kurzum: Eigentlich müsste die GmbH „GmgH“ heißen: Gesellschaft mit garantierter Haftung.

Für den Gesellschafter sieht es etwas besser aus, aber auch hier lauern Fallen. Oft geben Gesellschafter ihrer GmbH ein Darlehen und zahlen es sich später wieder zurück. Sie denken, mit der Rückzahlung ist der Fall erledigt, aber das ist ein Irrtum.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Darlehen kein Darlehen war, sondern zur Erhöhung des Eigenkapitals diente. Sonst – so die Rechtsprechung – hätte die GmbH das Darlehen nicht vom Gesellschafter erhalten, sondern von einer Bank. Mit der Folge, dass der Gesellschafter die Rückzahlung aller Darlehen der letzten zwei Jahre vor der Insolvenz erstatten muss. Außerdem muss der Gesellschafter die Einzahlung der Stammeinlagen anhand eines Kontobeleges von seinem Privatkonto an die GmbH nachweisen. Die übliche Erklärung im notariellen Gründungsvertrag, alle Stammeinlagen seien erbracht, reicht als Nachweis allein nicht aus.

Insolvenz Fehler 2: Der Insolvenzverwalter ist der Anwalt des Schuldners

Viele Schuldner, die eine Privatinsolvenz anmelden müssen, verstehen die Funktion des Insolvenzverwalters falsch. Sie denken, der Insolvenzverwalter ist für sie da und hilft ihnen aus den Schulden.

Aber der Insolvenzverwalter ist nicht der Anwalt des Schuldners, sondern eine neutrale Person. Erfahrungsgemäß fühlt sich der Insolvenzverwalter den Gläubigern näher als dem Schuldner. Weiter ist er ihm gegenüber zu keinerlei Rechenschaft oder Auskünften verpflichtet.

Mit dem Insolvenzeröffnungsbeschluss enteignet das Gericht den Schuldner. Demgemäß geht das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über, der es für die Gläubiger verwaltet. Folglich muss er dem Schuldner nicht sagen, was er mit dem Vermögen macht.

Weil der Insolvenzverwalter sich häufig gegen die Interessen des Schuldners und anderer Beteiligter durchsetzen muss, hat er seitens des Gesetzgebers eine Position inne, in der er kaum angreifbar ist. Rechtsmittel gegen seine Entscheidungen gibt es kaum. Weil das Insolvenzgericht den Insolvenzverwalter auswählt, wird es immer hinter ihm stehen und ihn nur bei ganz groben Regelverstößen nicht decken.

Insolvenz Fehler 3: In der Insolvenz wird dem Schuldner geholfen

Viele Schuldner wie auch Geschäftsführer erhoffen sich von dem Insolvenzverfahren und dem Insolvenzverwalter Hilfe. Sie hoffen, dass er sie durch das Verfahren führt und die GmbH rettet.

Und tatsächlich wird der Insolvenzverwalter versuchen, die GmbH zu retten sowie zu erhalten. Es ist sein Job, die Insolvenzmasse – also die GmbH – bestmöglich zu verwerten und der Verkauf eines laufenden Geschäftsbetriebes bringt mehr Geld in die Kasse als die Zerschlagung und der Verkauf der Einzelteile. Für die alten Gesellschafter und Geschäftsführer ist hier jedoch kein Platz vorgesehen – sie sind raus.

Allenfalls wird der Altgeschäftsführer noch gebraucht, um das neue Management anzulernen. Danach ist endgültig Schluss für ihn.

Insolvenz Fehler 4: Der Geschäftsführer muss weiter seiner Arbeit nachgehen

Beantragt der Geschäftsführer das Insolvenzverfahren, steht er erst einmal unter Schock. Also wird er sich automatisch an der starken und anfangs freundlichen Person des Insolvenzverwalters orientieren und sich von ihm manipulieren lassen.

Der Insolvenzverwalter weiß das zu seinem Vorteil zu nutzen. Er wird den Geschäftsführer dazu bringen, weiterzuarbeiten und den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Eine Verfügung verspricht der Insolvenzverwalter zwar, aber nicht schriftlich und deshalb bezahlt er sie auch nicht.

Das heißt: Der Geschäftsführer macht sich mehrere Monate für den Insolvenzverwalter krumm, der es ihm mit einem späteren Rauswurf und noch etwas später mit einem Brief dankt, in dem er den Geschäftsführer für tausende Euro Schadensersatz in Haftung nimmt.

Dabei ist der Geschäftsführer nicht zur Fortsetzung der Arbeit verpflichtet. In Deutschland gibt es keine Arbeitspflicht. Das gilt auch für das Insolvenzverfahren. Der Geschäftsführer muss dem Insolvenzverwalter zwar bezüglich der Handelsbücher Rede und Antwort stehen und umfassend Auskunft erteilen, aber den Geschäftsbetrieb muss er nicht fortführen.

Mit Abgabe des Insolvenzantrages bei Gericht kann der Geschäftsführer nach Hause gehen und sich um sein neues Leben kümmern. Will er das Unternehmen retten oder für sich behalten, muss er ein Schutzschirmverfahren oder Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen.

Die GmbH-Insolvenz mit dem Online-Formular beantragen:

Badge zu Online Formular GmbH Insolvenz anmelden

Insolvenz Fehler 5: Zahlungsunfähigkeit tritt ein, wenn die Kasse leer ist

Gerade die Geschäftsführer kleinerer Unternehmen setzen sich oft nicht mit dem Begriff der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des Insolvenzrechts auseinander. Sie denken, die Zahlungsunfähigkeit tritt ein, wenn das Konto leer ist.

Das ist ein Trugschluss, denn die Zahlungsunfähigkeit tritt viel früher ein. Es genügt bereits, wenn die fälligen Forderungen 10 % höher als die liquiden Mittel sind, unabhängig vom Kontostand. Die Folge ist die persönliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung.

Insolvenz Fehler 6: Man darf während der Insolvenz nicht selbstständig sein

Ein weitverbreiteter Irrglaube von Einzelhändlern und Freiberuflern ist, in der Insolvenz nicht selbstständig sein zu dürfen. Das ist falsch. Ganz im Gegenteil kann die Selbstständigkeit während der Insolvenz sogar vorteilhaft sein.

Etwas Nachjustierung des Verhaltens zu Beginn des Insolvenzverfahrens kann den Insolvenzverwalter dazu bringen, den Geschäftsbetrieb aus der Insolvenzmasse freizugeben. Somit ist die Selbstständigkeit dann nicht mehr Bestandteil der Insolvenzmasse, sodass der Selbstständige wieder tun und so viel Geld verdienen kann, wie er will, ohne dass es gepfändet wird.

In der Praxis einigt man sich mit dem Insolvenzverwalter auf einen festen monatlichen Betrag von ca. 100 Euro. Selbst wenn man dann 10.000 Euro monatlich verdienen würde, müsste man nur den vereinbarten Betrag an die Insolvenzmasse bezahlen.

Insolvenz Fehler 7: Das vor der Insolvenz noch vorhandene Vermögen im Casino verspielt

Viele private Schuldner wollen Vermögenswerte vor der Insolvenz verstecken. So wird die Lebensversicherung aufgelöst, das Geld im Wald vergraben oder das gesamte Vermögen an den Ehegatten verschenkt und erst dann beantragt der Schuldner die Insolvenz.

Fragt der Insolvenzverwalter nach dem Verbleib, antworten viele: „Ich habe das Geld verspielt oder damit private Schulden bezahlt.“ Keine gewinnbringende Idee, weil ein derartiges Vorgehen strafbar ist.

Stellt sich also die Frage: Welches Eigentum darf ich vor der Insolvenz retten: Erlaubt ist es, vorhandenes Vermögen vor der Insolvenz maßvoll auszugeben und für den Lebenserwerb zu verbrauchen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da auch der maßvolle Verbrauch des Vermögens einen Gläubiger dazu bringen kann, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen, wenn er davon erfährt.

Will man das Guthaben unbedingt für sich behalten, kann man die Insolvenz nicht beantragen, ehe das Geld ausgegeben ist.

Insolvenz Fehler 8: Die Bank ist nett, weil man jahrelang ein guter Kunde war

Eine jahrzehntelange freundschaftliche Beziehung zum Kundenberater der Bank bringt dem Schuldner nichts, weil der Vorgang in eine Spezialabteilung verlegt wird. Der persönliche Bonus ist weg und das ist die Absicht dahinter. Auf diese Weise lässt sich „Dienst nach Vorschrift“ eher sicherstellen.