Viele von Corona geschädigte Betriebe insbesondere aus Gastronomie, Tourismus und Eventmanagement bricht in Zeiten des Corona-Virus das Geschäft weg. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Schutzschirmverfahren die Rettung sein – ein rechtliches Tool für eine Sanierung in Eigenverwaltung.

Schutzschirmverfahren als Rettungsanker

Das Corona Covid Virus versetzt nicht nur viele Menschen in Panik. Es trifft auch die deutsche Wirtschaft in noch nicht absehbarem Ausmaß. Vielen Unternehmen aus Gastronomie, Tourismus und Eventmanagement bricht derzeit durch das brachliegende öffentliche Leben das Geschäft weg. Bei drohender Insolvenz kann das Schutzschirmverfahren der rettende Anker sein. Es gibt Firmen ein Werkzeug an die Hand, rechtzeitig aktiv zu werden und eine Sanierung in Eigenverwaltung durchzuführen.

Beim Schutzschirmverfahren bleibt die Geschäftsführung am Steuer

Bei einem Schutzschirmverfahren hat das Unternehmen zunächst drei Monate Zeit, einen Sanierungsplan – wie bei Condor – aufzustellen. Die Geschäftsführung kann selbst einen vom Gericht bestellten Sachwalter vorschlagen. Dieser achtet als eine Art Blauhelmsoldat darauf, dass der gesetzliche Rahmen eingehalten wird und die Rechte der Gläubiger gewahrt werden. Anders als ein Insolvenzverwalter hat er aber keine absolute Verfügungsgewalt. In diesen drei Monaten ist der laufende Betrieb geschützt: Gläubiger dürfen ihre Güter – z.B. noch nicht abbezahlte Maschinen, geleaste Autos, angemietete Räume – nicht zurückfordern. Überhaupt sind jegliche Vollstreckungsmaßnahmen verboten. Die Geschäftsführung bleibt weiter am Steuer und vertritt die Firma nach außen.

Laufende Kosten können radikal gesenkt werden

Mit der umfassenden Protektion, den das Unternehmen in diesen drei Monaten genießt, macht das Schutzschirmverfahren seinem Namen alle Ehre. Weitere Ausnahmeregelungen sorgen dafür, dass die Firma kaum Kosten hat. Das Unternehmen entscheidet zum Beispiel, welche Verträge vorteilhaft und welche nachteilig sind. Nachteilige Verträge erfüllt das Unternehmen ab sofort nicht mehr und gibt beispielsweise Leasinggegenstände einfach zurück. Günstige Verträge führt es fort. Zudem fördert der Staat den Schutzschirm und übernimmt drei Lohnrunden. Mit dem Insolvenzgeld und dem Aussetzen weiterer Zahlungspflichten kann man schnell wieder Liquidität aufbauen.“

Fast Track

Das kann erstaunlich zügig gehen. Wie zügig, zeigt der Fall eines IT-Beratungsunternehmens mit 26 Mitarbeitern. Weil ein fest zugesagter Großauftrag nicht zustande gekommen war, war die Firma in die Nähe des wirtschaftlichen Supergaus geraten. Verschuldet war die Inhaberin vor Antragstellung mit 2.181.000 €. Im Insolvenzplan gelang es, sich mit den Gläubigern auf eine Quote von 6,4 % zu einigen. Der Schutzschirm von der Eröffnung bis zur Abstimmung über den Insolvenzplan dauerte nur vier Monate. Entscheidend für diesen Erfolg war das Zusammenwirken aller Beteiligten, vom Management über die zuständige Richterin bis hin zu den wichtigsten Ressourcen des Unternehmens: den Mitarbeitern, die trotz der Krise an Bord blieben.

„Insolvenz light“ mit Protektion und Turboantrieb

Wird der Schutzschirmplan dann sowohl vom Gericht als auch vom Gläubigerausschuss angenommen, mündet das Schutzschirmverfahren in eine Art „Insolvenz light“. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden in Eigenverwaltung umgesetzt und das Unternehmen im Idealfall anschließend stabilisiert aus dem Verfahren entlassen.

Das Timing als entscheidender Erfolgsfaktor

Ein ebenso wichtiger Faktor wie loyale Mitarbeiter ist das Timing. Das Schutzschirmverfahren soll von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Firmen nicht nur wieder auf die Beine helfen. Es soll auch verhindern, dass erst dann die Reißleine gezogen wird, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Dies ist nämlich viel zu oft der Fall. Aus Angst vor öffentlichem Gesichtsverlust zögern Unternehmer nicht selten den Schritt zum Insolvenzantrag so lange wie möglich hinaus. Oft kann der Insolvenzverwalter dann wirklich nur noch die Firma zerschlagen, die Scherben verteilen und als letzter den Schlüssel umdrehen. Ein Schutzschirmverfahren wird daher nur bewilligt, wenn die Firma noch zahlungsfähig und eine Sanierung realistisch ist.

Alle Möglichkeiten einer Sanierung in Eigenverwaltung ausloten

Schon deshalb steht es in der Außenwahrnehmung viel positiver da als ein Insolvenzverfahren, denn Optimismus ist hier keine Schönfärberei. Condor war prädestiniert für ein Schutzschirmverfahren: Das Unternehmen war in erster Linie durch die Insolvenz des Mutterkonzerns in Not geraten. „Condor kommt stärker aus dem Schutzschirmverfahren, als es reingegangen ist“, beschrieb CEO Teckentrup die Situation nach Annahme des Sanierungsplans. Mit einem solch überragenden Ergebnis sollten Unternehmen nicht rechnen. Eine lohnende Investition ist es aber allemal, die Möglichkeiten einer Sanierung in Eigenverwaltung auszuloten, wenn die Zeichen auf Krise stehen.

Das Schutzschirmverfahren – nicht nur für Konzerne wie Condor

Als am 12. März wurde der „Schutzschirmplan“ der von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Fluggesellschaft Condor durch die Gläubiger mehrheitlich angenommen. Ein Aufatmen ging durch die Reihen. „Durch die heutige Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger ist der Weg für die Zukunft mit dem neuen Eigentümer PGL frei“, so Lucas F. Flöther, Sachwalter der Condor Flugdienst GmbH. Somit konnte der Schutzschirm für Condor aufgehoben werden. Der Schutzschirmplan war am 11. Februar 2020 beim Amtsgericht Frankfurt am Main eingereicht worden. Die darin enthaltenen Maßnahmen sollten Condor für eine Zukunft ohne den früheren Mutterkonzern Thomas Cook aufstellen. Dieser hatte im September Insolvenz angemeldet. Condor hatte im Rahmen des Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung nach einem Investor gesucht und den Flugbetrieb ohne Ausfälle fortgeführt.

Immer häufiger nutzen auch Mittelständler in einer wirtschaftlichen Krise die Möglichkeit der Eigenverwaltung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Gerade wenn staatliche Liquiditätshilfen und Kurzarbeitergeld nicht mehr ausreichen, ist das Schutzschirmverfahren in vielen Fällen die nächste Aktionsstufe. Vereinfach wurde der Zugang zu dem Verfahren 2012 durch das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG). Der Trend zu Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren wird also von Wirtschaft und Politik unterstützt, da die Praxis zeigt: Sehr häufig können ihre Instrumente Unternehmen sehr effizient bei der Überwindung einer Krise helfen.