Einem Hersteller für Sondermaschinen ist die Lieferung einer Sandsteinpresse nach Russland zum Verhängnis geworden. Die Geschäftsführung verdächtigt seinen russischen Auftraggeber, dass dieser sich mittels Korruption vor einem internationalen Handelsschiedsgericht der Russischen Föderation einen Titel erschlichen und einen feindlichen Übernahmeversuch unternommen hat. Diesen Titel haben wir mit dem Schutzschirmverfahren unschädlich gemacht. Der Schutzschirm schützte das Anlagenbau Unternehmen vor der Übernahme.

Der Fall

Die X GmbH ist ein klassischer Betrieb für Sondermaschinen- und Anlagenbau. Das Unternehmen konstruiert, fertigt und montiert „maßgefertigte“ Anlagen und Maschinen für Kunden aus dem Bergbau und aus der Baustoffindustrie. Ihr besonderes international anerkanntes Know-how besteht in der Herstellung von Produktionsmaschinen für Porenbeton- und Kalkstandstein-Werke. Das Unternehmen befindet sich auf ehemaligem Bergbaugelände, das dem Bergbaurecht unterliegt. Dort hat die X-GbmH ein Geschäftshaus, sechs Produktionshallen und eine Freifläche mit Lagerplatz und Schwerlastkränen angekauft. Die Liegenschaften sind von der Commerzbank AG finanziert und wertausschöpfend belastet. Im Unternehmen sind derzeit 60 Mitarbeiter angestellt.

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Insolvenzursache

Ursächlich für die Zahlungsunfähigkeit der X GmbH ist ein in Russland ergangenes und in Deutschland für vollstreckbar erklärtes Schiedsurteil in Höhe von 1.45 Mio €. Das russische Schiedsurteil ist das Ergebnis einer rechtlichen Auseinandersetzung über die vertragsgemäße Herstellung und Lieferung einer Silikatsteinpresse. In dem der Herstellung und Lieferung zugrundeliegenden Vertrag ist als zuständiges Gericht das internationale Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation bestimmt.

Die X-GmbH wendet zwar ein, dass das Schiedsurteil nicht unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze zustande kam und verdächtigt den Schiedsrichter der Korruption. Aber die X-GmbH wurde damit weder vor russischen Gerichten gehört, noch konnte die X-GmbH die Vollstreckbarkeitserklärung in Deutschland verhindern.

Ein entsprechendes Begehren wurde vom OLG Dresden zurückgewiesen und fand auch vor dem BGH kein Gehör. Vollstreckungsmaßnahmen des russischen Gläubigers wurden in Form eines zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingeleitet. Weil die X-GmbH nicht dazu in der Lage war, entsprechende Rückstellungen zu bilden und eine Fremdfinanzierung abgelehnt wurde, war eine Sanierung nur noch mit insolvenzrechtlichen Werkzeugen durchführbar.

Sanierungskonzept

Letztendlich ging es in diesem Verfahren ausschließlich darum, den russischen Gläubiger abzuschütteln. Dies ist auch gelungen, indem die Forderung des „Russen“ aufgrund ungeklärter Gegenansprüche bestritten blieb. Am Ende des Sanierungsverfahrens wurde von den beteiligten Gläubigern ein Insolvenzplan verabschiedet, mit einer Befriedigungsquote von 1,2 %. Der russische Gläubiger ging hingegen vollkommen leer aus, weil der Insolvenzplan eine Befriedigung nur für Gläubiger mit festgestellter Forderung vorsieht, nicht aber – wie im Fall des Russen – mit bestrittener Forderung.

Der Weg bis zur erfolgreichen Verabschiedung des Insolvenzplans war steinig. Weil das Unternehmen gut aufgestellt ist, waren keinerlei Sanierungsmaßnahmen wie beispielsweise die Schließung einer unrentablen Abteilung notwendig. Vielmehr lief das Unternehmen so weiter wie bisher.

Allerdings verliert ein das Schutzschirmverfahren durchlaufendes Unternehmen das Vertrauen seiner Kunden und Lieferanten und seine Bonität. Lieferanten wollen nur noch auf Vorkasse liefern und Kunden schließen derartige Unternehmen zumindest von langlaufenden Großaufträgen wie die Herstellung einer Kalk-Sandstein-Presse von der Auftragsvergabe aus. Banken streichen die Kreditlinien. Die X-GmbH muss jeden Auftrag vorfinanzieren. Für einen Anlagenbauer mit großvolumigen Aufträgen stellt dieser Vertrauensentzug eine große Herausforderung dar.

Dennoch hat die X-GmbH die Herausforderung bewältigt. Die Geschäftsführung verstand es, sich mit der Annahme von vorfinanzierbaren Kleinaufträgen und Reparaturaufträgen über Wasser zu halten. Und es gab Auftraggeber, die sich solidarisch zeigten und trotz laufendem Schutzschirmverfahren mehrere größere Aufträge erteilten. Unbestritten war die Liquidität in den letzten Monaten angespannt. Aber es hat gereicht.

Ein besonderer Dank ist an dieser Stelle an die Commerzbank auszusprechen. Die Commerzbank hat von einer Verwertung der besicherten Grundstücke und Anlagevermögen abgesehen und dem Sanierungsteam vertraut. Dies soll ihr Schaden jedoch nicht sein. Die Commerzbank hat zugesagt, unmittelbar nach Beendigung des Schutzschirms das Unternehmen neu zu finanzieren. Einen Ausfall verzeichnet die Commerzbank somit nicht.

Ergebnisse des Schutzschirms

  • Der Betrieb wird in ursprünglicher Größe und Struktur fortgeführt
  • Russischer Gläubiger abgeschüttelt
  • Die Unternehmerfamilie bleibt Eigentümer des Unternehmens
  • Einigung mit Gläubigern im Insolvenzplan auf Quote 1,2 %
  • Ausschüttung an die Gläubiger: 91.211 €
  • Verfahrensdauer 10 Monate
  • Schuldenverzicht 99% 99%
  • Quote des Insolvenzplans 1% 1%
  • Fortführungswahrscheinlichkeit für die nächsten 3 Jahre 88% 88%