Seit 27.03.20 ist das neue Covid-19-Gesetz in Kraft. Die Insolvenzantragspflicht in der Corona Krise ist seit dem ausgesetzt. Das sind die Folgen für Sie als Geschäftsführer einer GmbH, AG, UG, usw.:

Die neue Vorschrift zur Insolvenzantragspflicht wegen Covid

Nach altem Recht muss die Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, UG, usw.) die Insolvenz spätestens binnen drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beantragen. Diese Vorschrift gilt seit dem 27.03.2020 unter den folgenden Bedingungen nicht mehr:

  • Das Unternehmen war am 31.12.19 noch nicht zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO (also nach den üblichen Voraussetzungen).
  • Die Insolvenzursache ist eine Folge der Covid-Pandemie.
  • Es bestehen Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit.

Wie also müssen Sie als Geschäftsführer die Insolvenzantragspflicht ab sofort überwachen? Hierzu gebe ich Ihnen folgende Ratschläge an die Hand.

Geschäftsführer muss in der Krise TÄGLICH die Liquidität überwachen

Die meisten Geschäftsführer dokumentieren die Liquidität ihres Unternehmens nicht. Das ist ein schwerer Fehler. Denn anhand der Dokumenation kann sich der Geschäftsführer später entlasten. In der Krise befindet sich der Geschäftsführer in einer unangenehmen Sandwich-Position:

  • Beantragt der Geschäftsführer die Insolvenz zu früh, haftet er gegenüber den Gesellschaftern für die falsche Entscheidung.
  • Beantragt er die Insolvenz zu spät, haftet er gegenüber dem Insolvenzverwalter wegen Insolvenzverschleppung gem. § 15a InsO und aufgrund des Zahlungsverbotes gem. § 64 Abs.1 InsO.

Nicht gut! Zumindest nicht gut für den Geschäftsführer. Deshalb rate ich jedem Geschäftsführer zu seinem eigenen Schutz, den Eintritt der Insolvenzreife genau abzupassen.

 

BWA und Liquiditätsplanung reicht nicht, um den Geschäftsführer zu entlasten

Den Eintritt der Insolvenzreife überwacht der Geschäftsführer täglich anhand der verfügbaren Liquidität und den fälligen Forderungen. Die BWA des Steuerberaters reicht zur Liquiditäts-Überwachung keinesfalls aus. Diese erreicht die meisten Geschäftsführer ohnehin erst mit zweimonatiger Verspätung. Die Informationen aus der BWA dienen der steuerlichen Abschöpfung. Sie sind zur Ermittlung der Insolvenzreife jedoch ungeeignet. Besser als die BWA ist die übliche Liquiditätsplanung, die ein sorgfältiger Geschäftsführer für die nächsten Monate erstellt. Die Liquiditätsplanung ist jedoch nur ein Bestandteil der Liquiditäts-Überwachung zur Ermittlung der Insolvenzreife.

So überwachen Sie die Insolvenzantragspflicht Ihrer GmbH in der Krise

Der Finanzstatus zur Ermittlung der Insolvenzreife ist also etwas ganz anderes als die BWA und die Liquiditätsplanung. Der Finanzstatus ist eine Momentaufnahme. Der Geschäftsführer muss sich morgens als erstes fragen: Wie ist der Stand meines Unternehmens heute? Wie viel Geld steht heute zur Verfügung? Was muss ich heute bezahlen?

Der Finanzstatus sollte als T-Tabelle geführt werden. Die linke Spalte ist eine Liste des Stand heute verfügbaren Geldes. Die Rechte Spalte ist eine Liste der Stand heute zu zahlenden Rechnungen. Hier zeige ich Ihnen ein Beispiel für einen Finanzstatus:

Linke Spalte:

Hier bitte die liquiden Mittel eintragen.

  • Wie viel ist heute auf den Konten?
  • Wie viel ist heute in der Kasse?
  • Wie hoch ist der Kreditrahmen?
  • Welche Zahlung geht heute garantiert ein?

Rechte Spalte:

Die fälligen Forderungen auflisten.

  • Welche Rechnungen sind heute zu zahlen?
  • Welche Dauerschuldverhältnisse werden heute abgebucht?

Den Finanzstatus täglich auswerten

Als nächsten Schritt werten Sie Ihren Finanzstaus aus. Die Auswertung funkioniert, indem Sie ganz einfach die Werte der linken Spalte (liquide Mittel) addieren und die Werte der rechten Spalte (fällige Forderungen). Sind die fälligen Forderungen kleiner als die liquiden Mittel oder liegen sie nur geringfügig darüber, ist die Welt in Ordnung und Sie können sich Ihrem Tagesgeschäft widmen. Ihr Unternehmen ist zahlungsfähig. Eine Insolvenzantragspflicht besteht nicht.

%

Verdacht auf Zahlungsunfähigkeit ab 10%

Verdacht auf Zahlungsunfähigkeit

Sind die fälligen Forderungen jedoch um 10% höher als die liquiden Mittel, ist den Geschäftsführer die Welt nur noch halb in Ordnung. Es besteht ein Verdacht auf Zahlungsunfähigkeit. Sie können den Verdacht aber widerlegen.

Verdacht widerlegen mit Liquiditätsplanung

Den Verdacht widerlegen Sie mit Ihrer Liquiditätsplanung. Anhand der Liquiditätsplanung ermitteln Sie die Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge der nächsten Wochen und Monate. Können Sie mit der Liquiditätsplanung darstellen, dass die im Finanzstaus ermittelte Deckungslücke sich aufgrund erwarteter Zahlungseingänge kurzfristig schließt, ist alles in Ordnung. Ihr Unternehmen ist nicht zahlungsunfähig.

Unternehmen ist zahlungsunfähig

Kommen Sie jedoch zu dem Ergebnis, dass die Deckungslücke sich nicht schließen wird, ist Ihr Unternehmen zahlungsunfähig im Sinne der Insolvenzordnung. Sie haben ab sofort einen Insolvenzantrag zu stellen. Sie dürfen den Insolvenzantrag bis zu drei Wochen hinauszögern, wenn Sie sich in dieser Galgenfrist ernsthaft um neue Gelder bemühen. Dies ist das klassische bis zum 27.03.20 gültige Prüfungsschema zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens und der sich daraus ergebenden Insolvenzantragspflicht.

Fortsetzung der Prüfung mit dem neuen Covid-Gesetz

Setzen Sie Ihre Prüfung nun anhand der neuen Regelungen über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht fort. Wie oben beschrieben, kommen drei weitere Bedingungen hinzu:

Das Unternehmen war am 31.12.19 noch zahlungsfähig

Das Unternehmen war am 31.12.19 noch nicht zahlungsunfähig im Sinne des § 17 InsO (also nach den üblichen Voraussetzungen). Führen Sie die Prüfung der Insolvenzreife wie oben beschrieben auf den Stichtag des 31.12.19 durch.

Kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Ihre Firma bereits am 27.03.20 zahlungsunfähig war, beantragen Sie einen Schutzschirm, um Ihren Betrieb zu retten. Andere Mittel als den Schutzschirm bzw. Insolvenz in Eigenverwaltung stehen Ihnen nicht (mehr) zur Verfügung. Insbesondere auch keine Kredite und keine staatlichen Liquiditätshilfen. Denn all diese Fördermittel setzen voraus, dass Ihr Unternehmen nicht zahlungsunfähig im Sinne der Insolvenzordnung ist.

Es bestehen Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit

War Ihr Unternehmen also am 31.12.19 noch nicht zahlungsunfähig, ist die Insolvenzantragspflicht grundsätzlich bis 30.09.20 ausgesetzt. Die nach dem 27.03.20 eintretende Insolvenzursache ist eine Folge der Covid-Pandemie.